19. Okt. 2016 – Bethmann

Als ich vor 2 Wochen mit 4 Freunden die Community „Arco Iris“ gesucht habe, hat uns der Busfahrer verarscht und in die falsche Richtung geschickt. Wir sind stundenlang im Jungle umher geirrt ohne Erfolg. Da haben wir zufällig den Bauer Bethmann kennen gelernt. Er lebt ganz alleine weitab von der Zivilisation. Wir durften bei ihm Pause machen und er hat mit uns seine aller erste Ananas geteilt, sein Haus und riesiges Stück Land im Jungle gezeigt.
Als ich ihn 2 Wochen später zufällig in einem Dorf da draussen wieder traf, fragte ich ihn ob er meine Hilfe brauchen könne. Ich würde mit ihm arbeiten und dafür bei ihm umsonst Leben.
Er war sofort einverstanden und schon drei Tage später, wanderte ich zwei Stunden durch den Jungle zu seinem Haus. Da ihn seine Frau vor Jahren verlassen hat und die Kinder alle in Lima wohnen, lebt er ganz einsam und alleine da draussen. Er war richtig glücklich, dass er mal eine Zeitlang nicht alleine war.
Geschlafen habe ich auf einer Matratze unter einem Moskitonetz in seinem halbfertigen Haus. Da sein altes Haus zu nahe am Fluss war, wurde dieses regelmässig überflutet. Darum musste er es ca. 1km entfernt, weiter oben neu aufbauen.

Gearbeitet wurde von Morgens um 6.00 wenn die Sonne aufging, bis abends um 18.00 wenn die Sonne wieder unterging. Dann musste man sowieso unter das Moskitonetz, da die unerträglichen Moskitos mit ihren Mörderstacheln anfingen einem aufzufressen.
Dann konnte ich höchstens noch ein bisschen lesen oder Spanisch lernen. Elektrizität gibt es keine da draussen. Ich habe wohl noch nie im Leben so viel geschlafen. Jede Nacht 11-12 Stunden. Es gibt nichts Schöneres als wenn man zu den Geräuschen des Jungels einschlafen kann. Eine unglaubliche Geräuschkulisse und das jeden Abend.
Zweimal am Tag haben wir über dem offenen Feuer gekocht. Es gab alles was auf seinem Land wuchs und wir ernten konnten oder Fische die ins Netz gingen. Ab und zu schlachteten wir ein auch ein Huhn oder eine Ente. Und jeden Tag frische Früchte direkt aus der Natur. Ananas, Bananen, Papaya und viele mehr.
Trinkwasser gibt es keines. Wir kochten mit Flusswasser.
Toiletten gibt es nicht. Um sein Geschäft zu verrichten, musste man mit einer Schaufel einige Meter in den Jungel gehen. Ich hatte ja Toilettenpapier für mich. Bethmann aber nicht. Fragt mich nicht wie er das gemacht hat. Hahaha.
Waschen musste man sich im Fluss. Mit einem Eimer giesst man einfach Wasser über sich.

Arbeit war genug da. Das Haus musste fertig gestellt werden. Ich habe in der nächsten Zeit wohl tonen weise Holz vom alten Haus nach oben transportiert. Die Tierchen und seine Plantagen mussten gepflegt werden und um etwas Geld zu verdienen produzierten wir Holzkohle. Das ist knallharte Knochenarbeit. Bäume fällen, Brennholz herstellen, mit dem Holz einen Ofen bauen, mit riesigen Blättern und dann mit Erde bedecken und das Ganze mit dicken Ästen zusammenhalten.
Bei der Hitze im Jungle ist man dabei immer komplett durchnässt vom Schweiss.
Dann brennt der Ofen 3 Tage lang und man muss diesen alle 30 Minuten kontrollieren und allfällig entstandene Löcher stopfen. Auch nachtsüber.
Danach wird die Kohle in Säcke abgepackt und nach Iquitos transportiert (zuerst 1 km auf dem Buckel, dann mit einem Mototaxi an die Strasse und schlussendlich mit dem Bus in die Stadt um da ein paar wenige Franken zu verdienen. Damit kann man dann gerade etwas Fleisch, Batterien für das Radio und etwas Benzin für die Maschinen kaufen.
Nach den ersten paar Tagen, ereilte mich starkes Fieber und weitere Grippe Symptome.
Mit Malariaverdacht musste ich zurück in die Stadt reisen und in einem Labor mein Blut testen lassen. Zum Glück war der Test negativ und mich hatte nur zufällig eine Grippe erwischt. Phuuuuu.
Wenn ich jeweils eine Stunde ins nächste Dorf wanderte um Trinkwasser zu kaufen, traf ich einige Leute unterwegs, die auch ein Haus irgendwo da draussen hatten. Leider sind die Männer sehr häufig betrunken und die Frauen und Kinder müssen arbeiten. Dementsprechend sind auch häusliche Gewalt und sexuelle Übergriffe auf Kinder nicht selten. Da ich weit und breit der einzige Ausländer war, kannten mich schnell alle und die seltsamen, komplett dichten Gestalten wollten immer mit mir Trinken. Da hatte ich aber wirklich nie Lust dazu. Denn da draussen ist halt eine andere Welt. Lügen, Betrügen, Klauen und Drogen konsumieren ist völlig normal. Da war ich sehr froh, weitab mit Bethmann alleine zu leben.


Einen ganzen Monat habe mit Bethmann gelebt und gearbeitet. Eine absolut geniale aber auch sehr harte Erfahrung. Wir haben uns super verstanden. Er war wie ein Vater für mich.
Dementsprechend traurig war auch der Abschied. Bethmann begleitete mich noch ein Stück des Wegs. Mit Tränen in den Augen verabschiedeten wir uns und ich zog davon, Richtung Zivilisation.