8. Januar 2018 – Leben in der Favela

Wir haben nun eine ganze Woche lang in einem Hostel in der Favela „Babilonia“ direkt über der „Copacabana“ gelebt. Ein nettes Low Budget Hostel mit grossen Terrassen und super Aussicht.

Direkt nebenan liegt die Favela „Chapeu Mangueira“. Diese gelten grundsätzlich als sehr sicher. Was wir nicht wussten, dass die beiden Favelas zurzeit miteinander im Krieg waren. Es wurde mindestens einmal pro Tag oder Nacht geschossen. Manchmal nur ein paar Schüsse, manchmal richtige Gefechte.
Einmal sind wir abends um sieben zurückgekommen, da wurde uns erzählt, da vor einer Stunde direkt vor dem Hostel ein Gefecht stattfand mit Maschinengewehren und Granaten. Im Hostel drin mussten sich alle eine halbe Stunde lang auf den Boden legen. Da haben wir gerade nochmals Glück gehabt.
Da sich das Hauptquartier direkt hinter dem Hostel befindet, musste die Gang nur herum auf den Vorplatz gehen um in die andere Favela rüber zu schiessen. Jungs zwischen ca. 12 und 19. älter werden sie normalerweise nicht. Das ist schon traurig. Kinder, die mit scharfer Munition Krieg spielen.
Nach den Schiesserein kommen die Leute wieder hervor und das Leben geht ganz normal weiter. Man ist sich hier daran gewöhnt. Allerdings sagen Anwohner, dass es noch nie schlimm war in den letzten Jahren wie genau in dieser Woche.
Will man da Drogen kaufen muss man 30 Sekunden laufen, an den schwerbewaffneten Wachen vorbei und schon hat man beste Qualität in der Hand für super Preise.
Ist schon schräg, wenn man sich das vorstellt.
Wenn man herum läuft fühlt man sich aber komplett sicher, da man weiss, dass man sicher nicht ausgeraubt wird. Man kann normal mit den Menschen sprechen und die sind sehr freundlich.
Nur der Gedanke in eine Schiesserei zu geraten ist etwas mulmig. Die Gangs würden aber auf jeden Fall die Touristen beschützen. Sollte ein internationaler Tourist verletzt werden, würde das Militär mit Hubschraubern und Panzern einfahren und alles Platt machen.

Das war wohl eine der aufregendsten Woche seit langem.
Das Wochenende verbrachten wir dann hauptsächlich an Sambapartys an der „Copacabana“ oder im Stadtteil „Lapa“, dass Partyviertel.
Alles vollgestopft mit Bars, Clubs und Menschen. Party drinnen und draussen. Viel Musik und überall wird Alkohol und Essen verkauft.
Ein wilder Mix aller Rassen und Farben, Touristen, Prostituierten, Heteros, Schwulen, Lesben, Transvestiten, Obdachlose, Reiche, Arme und vieles mehr. Ich habe wohl noch ein so ausgelassenes Treiben gesehen wie hier und jeder ist einfach so akzeptiert wie er ist. Und alles tanzt…

Rio ist für mich die bisher interessanteste und faszinierendste Stadt der Welt. Wahnsinnig, aufregend, schön, hässlich, reich, arm, traurig, fröhlich, lebensfroh, sicher, gefährlich, Leben, Tod, …
Wohl noch nie spürte ich so krass viele unterschiedliche Emotionen an einem Ort vereint.
Ich liebe Rio…